Gedenkstätte und Museum

Reise nach Auschwitz – Birkenau

Im Rahmen meines Sabbaticals besuchte ich mit Herrn Ulherr die Gedenkstätte und das Museum Auschwitz in Polen. Der folgende Reisebericht und die zahlreichen Fotos richten sich an Geschichtsinteressierte und Daheimgebliebene.
Das Konzentrationslager Auschwitz wurde in einem Vorort der polnischen Stadt Oswiecim im Jahre 1940 ursprünglich für polnische Häftlinge gegründet. Die Stadt Oswiecim, die wie andere Gebiete im Laufe des Krieges von den Deutschen besetzt wurde, war insofern von Bedeutung, dass diese günstige Verkehrsbedingungen (Eisenbahnknotenpunkt) besaß.
In den nächsten Jahren wurde das Lager kontinuierlich ausgebaut und bestand aus drei Teilen: Auschwitz I (Stammlager), Auschwitz II – Birkenau und Auschwitz III – Monowitz.
Mit der Zeit wurden hier auch sowjetische Kriegsgefangene, Zigeuner und Häftlinge anderer Nationalitäten untergebracht. Ab 1942, im Rahmen der „Endlösung der Judenfrage“, wurde das Lager zum Zentrum der größten Massenvernichtung der Menschheitsgeschichte an den europäischen Juden.
Verantwortlich für den Ablauf des Massenmordes in Auschwitz mit mindestens 1,1 Millionen Toten war Lagerkommandant Rudolf Höß. Er schrieb nach dem Krieg in polnischer Untersuchungshaft seine Erinnerungen auf, die später in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht wurden. Auch er schilderte detailliert den Ablauf des Genozids. Höß wurde zum Tode verurteilt und 1947 hingerichtet.
Ende 1944 näherte sich die sowjetische Armee und die Deutschen begannen die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen: Dokumente wurden verbrannt, Gebäude abgebaut, gesprengt oder in Brand gesetzt. Diese Gebäude sind heute entweder noch als Ruinen zu besichtigen (z. B. die Gaskammern und das Krematorium II in Birkenau) oder wurden in Teilen nachgebaut.
Das Stammlager Auschwitz I
Anfänglich zählte das Lager 20 Gebäude, die in den Jahren 1941 - 1942 mit Häftlingskräften um mehrere Stockwerke erhöht wurden, zusätzlich wurden 8 weitere Gebäude errichtet. Im Ganzen zählte das Stammlager I 28 zweigeschossige Gebäude mit ca. 13 000 – 20 000 Häftlingen (die Zahl schwankte stark). In den komplett erhaltenen Blöcken befinden sich heute eine Ausstellung, die die Geschichte des KL Auschwitz zeigt, sowie nationale Ausstellungen. In das Stammlager führt auch heute das Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“, durch das die Häftlinge jeden Tag auszogen und nach der Arbeit zurückkehrten. Appellplatz mit Galgen, große Teile des Lagerzauns, alle Gebäude oder auch die „Todeswand“, wo die SS mehrere Tausend Personen erschoss, sind heute noch zu besichtigen.
Auschwitz II - Birkenau
1941 begann man in 3 Kilometer Entfernung zum Stammlager mit dem Bau des zweiten, später KL Auschwitz II – Birkenau benannten Lagers. (1942 errichtete man das Lager Monowitz auf dem Fabrikgelände der IG-Farbenwerke – dieses ist heute nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich)
Die Mehrheit der Deportierten (vor allem Alte, Kranke, schwangere Frauen und Kinder) wurde unmittelbar nach der Ankunft sofort in den Tod in die Gaskammern geschickt (ca. 70 – 75 % eines Transportes, diese wurden auch nicht registriert!).
Die von den SS-Ärzten als arbeitsfähig Eingestuften hausten vorwiegend in hölzernen Baracken mit einem primitiven Heizungssystem und zu Hunderten zusammengepfercht.
Von insgesamt 1,3 Millionen nach Auschwitz deportierten wurden etwa
400 000 registriert, darunter etwa
  • 200 000 Juden
  • 140 000  Polen
  • 21 000 Roma
  • 12 000 sowjetische Kriegsgefangene
  • 25 000 Häftlinge anderer Herkunft
Mehr als die Hälfte kam durch Hunger, über die Kräfte hinaus gehende Arbeit, Terror, Exekution sowie durch die Lebensbedingungen im Lager, Krankheiten und Epidemien, Strafen, Folter und verbrecherische medizinische Experimente um. Etwa 200 000 wurden in andere Konzentrationslager deportiert, wo ein großer Teil umkam. Im Moment der Befreiung befanden sich noch ca. 7500 Menschen im Lager.
Wer ein sehr gutes (und mein Lieblings-) Buch zum Thema lesen möchte, dem sei der Roman „Der Nazi & der Friseur“ ans Herz gelegt, ein beeindruckender Roman des jüdischen Schriftstellers Edgar Hilsenrath. Der Spiegel schreibt darüber: „...eine Satire über Juden und SS. Ein Schelmenroman, grotesk, bizarr und zuweilen von grausamer Lakonik, berichtet von dunkler Zeit mit schwarzem Witz.“
  Zitate zum Thema:
Harold C. Browning, Historiker:
"Am häufigsten erklären die Täter ihr Verhalten natürlich wie üblich damit, dass sie lediglich Befehle ausgeführt haben. [...] Eine Befehlsverweigerung hätte mit Sicherheit die Einweisung ins Konzentrationslager nach sich gezogen [... Aber] In den vergangenen fünfundvierzig Jahren ist in Hunderten von Gerichtsverfahren schlicht und einfach noch kein Angeklagter oder Verteidiger in der Lage gewesen, auch nur in einem einzigen Fall zu belegen, daß auf die Weigerung, unbewaffnete Zivilisten zu töten, jene gnadenlose Bestrafung gefolgt wäre, die angeblich zwangsläufig damit verbunden war."
(Zit. aus Christopher C. Browning, Ganz normale Männer, Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die “Endlösung” in Polen.)
 David Grossman, israelischer Schriftsteller:
"Eine kleine sprachliche Sache fällt mir immer wieder auf, wenn ich Europa besuche, insbesondere die deutschsprachigen Länder. Wenn die Leute mit mir reden sprechen sie oft davon “was damals passierte”. “Damals“, das bedeutet dass früher, in der Vergangenheit, Dinge geschehen sind, die heute nicht mehr geschehen; es ist alles vorbei. Aber im Hebräischen, oder im Jiddischen (eigentlich in jeder Sprache, wenn Juden über den Holocaust sprechen) sagen die Leute nie “damals“. Sie sagen “dort“. “Dort” bedeutet, dass in diesem “dort” – nicht nur in Deutschland, sondern im Menschsein überhaupt – die Dinge immer noch existieren. Oder passieren. Und auf alle Fälle ist es nicht vorbei. Ganz bestimmt nicht für uns."(Zit. aus: David Grossman, Death as a way of Life, S.15, Übers. Schlesinger)Hermann Hesse, deutscher Schriftsteller, der während der Nazi-Zeit in der Schweiz lebte:
"Ein großes, bedeutendes Volk, die Deutschen, wer leugnet es? Das Salz der Erde vielleicht. Aber als politische Nation – unmöglich! Ich will, ein für allemal, mit ihnen als solcher nichts mehr zu tun haben."
(Zit. aus: Thomas Mann, Meine Zeit, Essays 1945-1955, darin: Warum ich nicht nach Deutschland zurück gehe.)Talmud, bedeutendes Schriftwerk des Judentums:
"Das Geheimnis der Erlösung ist die Erinnerung." Theodor W. Adorno, dt. Philosoph:
"Aufklärung ist, wenn Auschwitz nicht wieder passiert." Zwi Rex, Psychoanalytiker:
„Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“
Text: ANS, Fotos: ULH, ANS