"Blackbird" - ein wunderbare Reise in die Vergangenheit

Noch selten hat mich ein Buch so berührt und angefasst zurückgelassen wie der Roman "Blackbird" von Matthias Brandt. Eigentlich ist Brandt Schauspieler und auch in diesem Metier - wie ich schon immer fand - unerreicht und genial, sei es in seiner Rolle als Müncher Kommissar Hanns von Meuffels in der ARD Krimireihe "Polizeiruf 110" (der bessere TATORT!) oder als Finanzguru in der aktuellen Netflix-Serie "King of Stonks".

Die wenigsten wissen, dass Matthias Brandt der Sohn des ehemaligen SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt ist, Intelligenz ist ihm also schon in die Wiege gelegt ;) Dass er auch Autor ist, wusste ich lange nicht. Als Vielleserin "verschlinge" ich Bücher und finde es umso trauriger, dass sich Jugendliche heutzutage kaum noch lesen. Nichts ist so spannend wie eine erfundene oder auch wahre Geschichte, nichts berührt einen so sehr wie das geschriebene Wort.

Kurz zum Inhalt:
Der Roman spielt in der Bundesrepublik der 1970er Jahre. Als der 15-jährige Morten Schumacher, genannt Motte, einen Anruf bekommt, ist in seinem Leben nichts mehr, wie es einmal war. Sein bester Freund Bogi ist plötzlich sehr krank. Aber das ist nur eine der herzzerreißenden Explosionen dieses Jahres, die Mottes Leben komplett auf den Kopf stellen. Kurz danach fährt Jacqueline Schmiedebach vom Einstein-Gymnasium auf einem Hollandrad an ihm vorbei, und die nächste Erschütterung nimmt ihren Lauf...

Mehr braucht man nicht zu wissen, den Sog entwickelt das Buch von der ersten Seite an, man fliegt nur so durch die Seiten und diese sind leider viel zu schnell zu Ende. Das Buch ist wie eine 70er Jahre Zeitkapsel für alle, die in dieser oder etwas späteren Zeit aufgewachsen sind, eine wundervolle Reise in die Vergangenheit. Genauso war es: vom Turnlehrer bis zum Plattenladen, von Al Stewarts "Year of the Cat" bis zur "Pissnelke". Vieles hat man genau so oder so ähnlich erlebt, vieles schon wieder vergessen. Mit Brandts Roman wird alles wieder lebendig. 
Noch nie habe ich bei einem Buch abwechselnd so lauthals gelacht und so hemmungslos geheult, am Ende liefen mir die Tränen übers Gesicht. Obwohl die Geschichte in den 70ern spielt, kann das Buch jeder lesen, denn die ganz großen Gefühle wie die erste Liebe sind einfach zeitlos. 
Danke, Matthias Brandt, für die liebevoll beschriebenen Charaktere und für die herrliche, berührende, einfühlsame und warme Sprache - "echt jetzt".

Text: E. Anselm